Was bedeutet Graphic Recording?

Allgemein wohl der gebräuchlichste Begriff für das Livezeichnen. Präzise bezeichnet Graphic Recording das Dokumentieren einer Veranstaltung in Bildern, also das erstellen eines visuellen Protokolls.

Graphic RecordingGraphic Recording ist der in Deutschland in den vergangenen Jahren handelsübliche Begriff für das Livezeichnen, die Visualisierung von Konferenzen oder Meetings, also die visuelle Dokumentation überhaupt.

Vereinzelt hört man auch die Variation „Graphical-Recording“, „Visual Recording“ oder „Visual Scribing“.

Beim Graphic Recording handelt es sich am ehesten um ein visuelles Protokoll, eine gezeichnete Prozessbegleitung. Meist ist der Visualisieren vor Ort, manchmal funktioniert das Graphic-Recording auch remote, der Zeichner ist also per Skype, Zoom, Facetime oder einfach nur Telefon zugeschaltet. Immer ist ein Graphicrecording jedoch live. Wichtig für das gezeichnete Simultanprotokoll ist jedenfalls das „Visual Thinking“, also in Bildern denken können und eine gute allgemeine Bildung ist auch von Vorteil.

Anders als bei der Visual Facilitation bleibt der Visual Artist, also der Graphic Recorder selbst im Hintergrund und nimmt nicht oder kaum an der Moderation teil. Er dokumentiert als Livezeichner in Echtzeit was im Verlauf des Events passiert, was getan und gesprochen wird. Inwieweit im Vorfeld mit dem Facilitator, Veranstalteter oder Moderator – oft handelt es sich hier um einen Coach oder externen Berater – die Visualisierung, also das Ergebnis des Graphic Recordings besprochen werden ist von Fall zu Fall unterschiedlich. Grundsätzlich schadet es nicht, wenn der Eventzeichner vorinformiert ist, denn die Events gehen oft thematisch dermassen in die Tiefe, dass man als Aussenstehender ein Mindestmass an „Insight“ braucht, um den Facilitator oder die Facilitators unterstützen zu können und nicht den Faden zu verlieren.

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Das Graphic-Recording kann analog oder digital erfolgen

Analog bedeutet, der Live zeichner arbeitet mit Stift und Papier. Oft entsteht ein sogenanntes „Big Picture“ oder „Mural“, abgeleitet von den grossen Street-Art-Wandmalereien im öffentlichen Raum. Der Begriff geht zurück auf den „Muralismo“, eine Kunstform aus dem postrevolutionären Mexico der 1920er Jahre. Beim Graphic Recording wird üblicherweise keine öffentliche Wand bemalt sondern ein grosser Bogen Papier, der auf einer Wand, mehreren Metaplan-Stellwänden oder einer Graphic-Wall angebracht ist. Es können jedoch auch einzelne kleinere Formate entstehen, doch wenn man von Graphic Recording spricht arbeitet der Livezeichner normalerweise auf einem großen Format, mindestens auf Flipchart.

In Ausnahmefällen wird tatsächlich direkt auf eine Wand, Schiefertafel oder auch Fensterscheiben gezeichnet. Es können auch dreidimensionale Objekte wie Kartons oder Säulen visuell bespielt werden. Sketchnotes verwenden auch kleinere Formate.

Jeder Graphic Recorder hat seine bevorzugten Zeichenmaterialien, die sich natürlich auch nach dem zu bemalenden Untergrund richten. Dazu zählen Marker, Kalligraphiestifte, Öl- oder Pastellkreiden, Neonmarker, Pinsel, Buntstifte, Gouache-, Akryl- oder Aquarellfarben, Schablonen, Spraydosen und vieles andere. Es entsteht am Ende ein echtes Original. Dieses muss, um vervielfältigt zu werden, zuerst digitalisiert werden, meist abfotografiert.
Um hier ein optimales Ergebnis zu erhalten muss man ein wenig Aufwand betreiben, denn grosse Formate und Raumlicht sorgen dafür, dass die verschiedenen Bereiche des Bildes unterschiedlich hell beleuchtet sind. Entweder also leuchtet man das Bild gut aus, oder man muss in der Postproduktion sorgfältig retuschieren. Das Original wird oft in der Folge an einem prominenten Ort im Gebäude des Auftraggebers ausgestellt, im Foyer, dem Konferenzraum … oder im Büro des Chefs.

Wenn das Graphic Recording digital erfolgt, entsteht natürlich kein Original. Der Visualisieren arbeitet auf dem Tabletcomputer mit einem geeigneten Zeichenprogramm. Was er oder sie zeichnen kann live über einen Beamer oder Screen gezeigt werden, so dass die Teilnehmer des Events den Prozess mitverfolgen können. Es könne auch nur vereinzelt Zwischenstände gezeigt werden, beispielsweise in Pausen. Oder aber die Teilnehmer kriegen das Ergebnis des Graphic Recordings während des Events gar nicht zu sehen und bekommen es erst im Nachhinein zur Verfügung gestellt. Beide Techniken haben ihre speziellen Vorzüge.

Das digitale Graphic Recording hat den Vorteil, dass der Livezeichner sofort loslegen kann ohne sich gross Gedanken um die Raumaufteilung der Bilder zu machen, denn jederzeit können Teile des Visuals verkleinert, verschoben, gelöscht oder ersetzt werden, sollte Platzmangel herrschen, oder andere, wichtigere Inhalte auftauchen. Das Bild ist sofort verfügbar und die Daten können am Ende der Konferenz mit den Teilnehmern geteilt werden, sei es als Mail, über die eigene Website, via Social Media wie Facebook; Twitter, Instagram oder Youtube oder mithilfe eines Postkartendruckers. Ausserdem können die meisten Zeichenprogramme, die ein Schnappschuss Zeichner nutzt, ein Video erstellen, das den genauen Entstehungshergang des Graphic Recordings aufnimmt und so eine gute Dokumentation der Konferenz ergibt.

Das Graphic Recording mit analoger Methode müsste für diesen Zweck mit einer extra Kamera aufgenommen werden. Das analoge „Big Picture“ hinterlässt meist einen tieferen Eindruck bei den Teilnehmern des Events. Ausserdem kann jeder in der Gruppe selbst entscheiden, ob und wie er sich die Visualisierungen ansieht … ob er den Verlauf des Graphic Recordings genau verfolgt, sich nur das Endergebnis ansieht oder gar nicht. Er entscheidet ob er den Gesamteindruck haben will, oder nah rangehen, um neue Details u entdecken. Der Graphic Recorder muss sich im Fall der analogen Darstellung seine Arbeitsfläche gut einteilen und voraus denken, damit nicht am Schluss des Events das halbe Papier weiss ist, oder – was genauso schlimm wäre – kein Platz mehr für wichtige Informationen die ja ganz gerne mal am Ende einer Veranstaltung auftauchen. Mit dem Tablet ist man mobiler, vorausgesetzt man hängt nicht an einem HDMI-Kabel und muss nonstop übertragen. Das kann hilfreich sein, wenn Teile der Veranstaltung an verschiedenen Orten stattfinden. Oft ist dies der Fall, wenn zwischen Plenarteilen wie Keynote-Vorträgen, Fishbowl oder Podiumsdiskussionen auch Gruppenarbeiten wie Breakoutsessions oder Worldcafes stattfinden.

Hier ist der Livezeichner, der mit seinem „Big Picture“ an einen Platz gebunden ist, darauf angewiesen, dass er entweder genug Zeit hat, selbst bei den Einzelveranstaltungen Kontakt zu den Gruppen zu halten, um Material zu sammeln und es auf sein Bild zu übertragen oder dass ihm die Inhalte zugetragen werden. Für diesen Fall ist es sinnvoll, die Hosts, Moderatoren oder Owner der Einzelgruppen zu instruieren, den Zeichner zwischendurch mit „Golden Nuggets“, Informationen und Ideen aus den Workshops zu füttern, damit dieser sie in seinem Graphic Recording umsetzt.

Was der Graphic Recorder in seinem Bild umsetzt hängt von der Art des Trainings, dem Auftrag und den vorherigen Absprachen ab.

Ein gutes Graphic Recording erfüllt immer mehrere Zwecke

Nach einem oder mehreren Tagen Workshop weiss der Teilnehmer oft gar nicht mehr, was eigentlich genau Inhalt und Ergebnis der Veranstaltung war. Verschiedene Begriffe werden so oft wiederholt, dass sie trotz guter Workshopstruktur am Ende im geistigen Nebel verschwimmen: Kultur, Trust, Digitalisierung, demographischer Wandel, Leadership, Process, Management, VUCA World, Transformation, etc. Hier hilft das Graphic Recording enorm, die Inhalte wieder klar hervortreten zu lassen und sie vor allem im Gedächtnis zu behalten.

Eine gut gezeichnete Szene bleibt besser im Gedächtnis als deren Beschreibung.

Das Graphic Recording hilft bei der Weitervermittlung der Ergebnisse einer Konferenz, auf gleicher Ebene an Kollegen, Kunden oder Mitarbeiter, nach unten an Untergebene, Auftragnehmer oder Angestellte oder nach oben in den Vorstand, beispielsweise um geplante oder getätigte Ausgaben zu rechtfertigen. Ein weiterer Effekt der mit Hilfe von Graphic Recording erzielt wird ist Incentive, Motivation und die Manifestation geleisteter Arbeit. Nicht immer sind Mitarbeiter glücklich über einen Workshop, der sie vom vollen Schreibtisch fernhält, welcher in ihrer Abwesenheit nicht leerer wird.

Die Laune dieser – oft Führungskräfte – hebt sich deutlich, wenn sie am Ende des ungeliebten Workshops ein greifbares Bild davon in Händen halten, was in der Zeit alles geleistet und geschafft wurde.

Wichtig ist oft, dass sich die Teilnehmer eines Events in dem Bild wiederfinden, dazu kann es hilfreich sein, auch inhaltlich weniger relevante, der Situation entsprungene Elemente in das Graphic Recording aufzunehmen. Wieviel Humor einfliesst, hängt, ausser von der Kommunikation im Vorfeld in hohem Mass vom Feingefühl des Illustrators ab.

Ein grosser Teil der Meetings findet in internationalem Umfeld statt und wird in Englisch abgehalten. Der Livezeichner muss sattelfest sein in Konversations- und Business-Englisch, aufmerksam zuhören und sich vor dem Event über spezielle Fachausdrücke und Abkürzungen informieren.

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