Was bedeutet Sketchnotes?

SketchnotesObwohl die Begriffe Graphic Recording, Sketchnotes, Visual Facilitating, Remote Facilitation und Scribing oft synonym verwendet werden, gibt es zwischen den einzelnen Disziplinen feine, aber markante Unterschiede.

Sketchnotes sind im Grunde eine Technik, die auch ohne Veranstaltung auskommt. Jeder, der sich Notizen mithilfe von Zeichnungen macht, ist ein Sketchnote – Artist!

Sketchnotes beziehen sich direkt auf das, was der Zeichnende im Gedächtnis behalten will – im Unterschied zur Telefonskizze, bei der das Zeichnen nebenbei und eigentlich gedankenlos stattfindet. Bei Veranstaltungen kommt dies zum Einsatz, wenn man eng im Prozess ist und eifrig mitstenografiert – die Inhalte als gezeichnete Notizen in Bilder fasst . Hier sind die Grenzen fliessend, ob es sich eher um kleinformatiges Graphic Recording oder Visual Facilitating handelt, denn Sketchnotes können ebenso ausschliesslich Protokoll sein, als auch in den Workshopprozess eingebunden werden. Sketchnotes können sehr dynamisch funktionieren und es ist bei dieser Technik die Herausforderung, die Resultate zu bündeln, zu clustern und letztendlich so zu kanalisieren, dass man brauchbare Erkenntnisse daraus mitnehmen kann und man sich nicht im Brainstorm verirrt.

Das Visual Facilitating, auch Visual oder Graphic Facilitation geht über das Graphic Recording hinaus. Der Visual Facilitator ist Teil der Moderation, des Facilitating Teams, des Trainerstabs. Er greift in den Workshop aktiv ein, vermittelt Inhalte, stellt Fragen, hakt nach, hilft Antworten zu finden. Er muss noch mehr als der Graphic Recorder im Thema sein und in engem Austausch mit den anderen Coaches – so vorhanden. Das Visuelle im Visual Facilitating ist hier weniger Protokoll sondern mehr Transportmittel für zu übermittelnde Information. Beispielsweise kann eine Problemstellung zuerst verbalisiert und dann visualisiert werden. Oder das Problem (oder die Lösung) wird zuerst skizziert und dann versucht man das Bild möglichst treffend zu verbal zu beschreiben. Genauso können Lösungsvorschläge verbal und visuell ausformuliert, korrigiert und geschärft werden. Das gleiche gilt für Zielbilder, Claims, Führungsprinzipien, Verhaltenscodes o.ä.. Gearbeitet wird auch hier analog oder digital wobei beim Visual Facilitating auch öfter Hilfsmittel zur Interaktion wie zum Beispiel Post-its oder Klebepunkte zum Einsatz kommen. Die oben genannten Sketchnotes sind auch ein beliebtes Mittel zu Zweck. Ob analytisch und durchstrukturiert oder eher spielerisch und intuitiv hängt wiederum vom Ziel der Veranstaltung und dem Ansatz des Coachings ab. Zwischen Tortendiagramm und gestischem Fingerfarbenwahnsinn ist sozusagen alles drin.

Scribing – im eigentlichen Sinne das Ritzen von Schrift- oder Bildzeichen in Steintafeln – bezeichnet heute vor allem im englischsprachigen Raum alles, was unter Graphic Recording, Visual Facilitation, Sketchnotes … Livezeichnen allgemein fällt.

In einigen Beschreibungen wird hervorgehoben, dass das Skribing besonders auf die Metaebene komplexer Vorgängen wie Transformationsprozesse etc. eingeht.

Ursprünglich ist der „scribe“ ein Schriftgelehrter, also eine Figur aus einer Zeit in der noch nicht jedermann schreiben konnte und man auf professionelle Schreiberlinge, Skribenten, angewiesen war, wollte man etwas zu Papier bringen. Insofern ist der Begriff gar nicht schlecht gewählt, denn auch wenn heute quasi jeder schreiben kann, braucht man professionelle Livezeichner, wenn man etwas illustrativ festhalten will – zum Glück für uns Graphic Recorder!

Letztendlich sind es alles Worte – Schall und Rauch also, während das Bild bleibt. Es ist ja auch bezeichnend, dass bezeichnend bezeichnend heisst …

Die wichtigste Fähigkeit eines jeden Livezeichners ist es, komplexe Zusammenhänge schnell zu verstehen und ebensoschnell in Bilder umzusetzen. Er muss sich schnell in ein fremdes Thema einfühlen und -denken, gleichzeitig zeichnen und zuhören können und ähnlich wie ein Synchronschachspieler mehrere Themen in seinem Kopf bereithalten um sie zu gegebener Zeit umzusetzen.

Der Livezeichner sollte über einen grossen Wortschatz und noch grösseren Bildschatz verfügen und metaphorisch/allegorisch breit aufgestellt sein. Auch ist eine gewisse körperliche Fitness hilfreich, wenn man einen ganzen Arbeitstag auf den Füßen ist, zwischen Einzelworkshops hin- und herrennt und mal auf den Knien, mal überkopf zeichnet.

 

Illustration ohne „Live

Strategiebilder, Targetpictures und Keyvisuals können im Nachgang aus den Ergebnissen von Livezeichnen destilliert werden oder ganz neu sozusagen am Schreibtisch entstehen. Je nach der zur verfügung stehenden Zeit und damit dem zur Verfügung stehendem Geld können Zeichner und Auftraggeber sehr genau und detailscharf auch die komplexesten Szenerien entwickeln.

Eine Zukunftsvision mitsamt Historie und Gegenwart kann entworfen werden und mit spezifischen metaphorischen und allegorischen Details massgeschneidert werden, so dass der Betrachter die Illustration sofort zuordnen kann. Je nachdem, über welche Kanäle das Bild funktionieren soll, kann man natürlich gerade in den digitalen Varianten modular oder auch interaktiv werden. Auch sind Mischformen möglich, bei denen eine Art Template in gemeinsamer Vorarbeit entwickelt und dann im Laufe einer Veranstaltung live vervollständigt und erweitert wird.

Zu der gleichen Familie gehören Erklärfilmchen und How-to-do-videos. In einer Welt, in der es immer mehr Bedarf und immer weniger Zeit gibt, Dinge zu erklären, sind die Möglichkeiten, über soziale Netzwerke und Videoplattformen unterhaltsame und informative Videos zu verbreiten, Gold wert. Alle denkbaren Techniken können hier gemischt und eingesetzt werden. Beispielsweise kann die Videodokumentation eines Workshops mit Interviews und Trickfilmkomponenten verbunden werden und selbst ein analoges „mural“ digital zum Leben erweckt werden, sodass im späteren Film Elemente aus dem Graphic Recording mit den gefilmten Workshopteilnehmern interagieren … ein gezeichnetes Raumschiff fliegt aus dem Wandbild heraus und durch den vollbesetzten Plenarsaal. Die technischen Möglichkeiten erweitern sich rasant und selbst das Zeichnen im dreidimensionalen Raum ist mittlerweile mit Hilfe von VR möglich, wobei auch hier die Technik dem Zweck dienen sollte und nicht umgekehrt – „technology follows function“ sozusagen. Auch hier sind nicht nur zeichnerische Skills gefragt, sondern vor allem die Fähigkeit, komplexe Vorgänge und Zustände zu begreifen und in Bildwelten zu übersetzen. Die Herausforderung hier ist mal wieder, den schmalen Grad zwischen zu platt und zu kompliziert zu erwischen. Es macht keinen Sinn, dem Betrachter Bilderrätsel aufzugeben, aber vielleicht kann man z.b. „Partnerschaft“ auch eleganter als mit zwei sich schüttelnden Händen illustrieren.

Diese Fähigkeit kann man – bis zu einem gewissen Grad – auch in eigenen Visualisierungsworkshops weitervermitteln, ebenso wie Storytelling oder Design Thinking Methoden, agile Projektmanagementmethoden, Kanban, Scrum und was sich sonst noch so alles in der Prozesswelt tummelt. Man kann mit Hilfe von Anleitungen und Workshops auch Menschen, die glauben, nicht zeichnen zu können, dabei helfen, die Fähigkeit zu lernen, Informationen, Notizen und Inhalte in Symbole zu fassen und dadurch prägnanter zu machen.

Man sollte sich hier aber auf einfache Darstellung beschränken und die Grenzen des kurzfristig Vermittelbaren kennen, damit kein Zeichenkurs daraus wird.

Auch wenn der Graphic Recorder oft als Künstler gehandelt wird, ist er nach unserem Verständnis eher ein Handwerker, denn ein Künstler schafft aus sich selbst heraus und interessiert sich erst einmal nicht für den Rezipienten. Der Graphic Recorder, der weiss was er tut, interessiert sich ausschliesslich für den Rezipienten und stellt seine Fähigkeiten in den Dienst des Auftraggebers.

Wenn der Graphic Recorder dabei auch noch Spass hat – umso besser!

Meist wird dann auch das Resultat besser und unterm Strich kann man sagen: wenn der Graphic Recorder sein Handwerk versteht, sind am Ende der Veranstaltung Auftraggeber, Teilnehmer und er selbst glücklich.

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